Hochwasserereignisse im Elbegebiet: Das Frühjahrshochwasser 2006

Hydrometeorologische Situation

In einer langandauernden Frostperiode, die nur vereinzelt durch Tauwetterepisoden unterbrochen wurde, konnte sich in den Mittelgebirgen eine Schneedecke mit Schneehöhen von ca. 100 - 200 cm in den Kammlagen und ca. 30 - 120 cm in den mittleren Lagen ausbilden. Durch die lange Liegezeit und vorherige Tauwetterepisoden war im Schnee ein relativ hoher Wasservorrat gespeichert. Das mittlere Wasseräquivalent der Schneedecke betrug am 21.03.2006 für das Einzugsgebiet der Elbe in der Tschechischen Republik ca. 85 mm, im Bereich der Mulden variierte es zwischen 135 und 240 mm (Wochenbericht vom 21.3., LfUG Sachsen).
Im tschechischen Teil des Elbegebietes betrug die Niederschlagshöhe im März 2006 bis ca. 200% des langjährigen Mittels. In der letzten Märzwoche brachte ein atlantischer Tiefausläufer milde Meeresluft (mit Temperaturen bis 15 °C) und recht ergiebige Niederschläge (bis 5 bzw. 15 mm pro Tag). Durch die hohen Temperaturen und Regenniederschlag setzte starkes Tauwetter bis in die Kammlagen ein.

Ablauf des Hochwassers

Durchflussverlauf Hochwasser 2006
Abb. 1: Durchflüsse (Tagesmittelwerte: 10.3.-10.5.2006) an ausgewählten Pegeln der Elbe und der Nebenflüsse

Das zumeist oberirdische Abfließen von Schmelz- und Niederschlagswasser führte zu schnellen Wasserspiegelanstiegen in den kleineren Nebenflüssen der Elbe und mit einer geringen Verzögerung auch zu einem sehr steilen Anstieg des Wasserspiegels im Elbstrom. Am 27.3.2006 stieg der Wasserstand am Pegel Schöna innerhalb von 24 h um knapp 2 m.
Der Scheitelpunkt der Hochwasserwelle passierte den Pegel Dresden am 4.4.2006. Im weiteren Verlauf flussabwärts wurde die Hochwasserwelle u.a. durch die Zuflüsse aus Mulde und Saale, die ebenfalls Hochwasser führten, aufgehöht und bildete einen langgestreckten Scheitel aus. An den Pegeln Wittenberge und Neu Darchau wurden die Wasserstände und Durchflüsse des Hochwassers 2002 überschritten. Im Vergleich zum Hochwasser 2002 kam es in Sachsen und Sachsen-Anhalt nicht zu Deichbrüchen bzw. zur gesteuerten Flutung der Havelpolder, die den Abfluß beim Hochwasser 2002 erheblich reduziert hatten. Am Pegel Neu Darchau wurde der Scheitelabfluß am 9.4.2006 registriert.

Schadensbilanz (nur Deutschland)

Hochwasser 2006 (30.3.), Dresden
Abb. 2: Hochwasser der Elbe am 30.3.2006 in Dresden. (Foto: U. Weigel)

Durch das Hochwasser wurden zahlreiche tiefgelegene Orte bzw. Ortsteile im sächsischen Elbtal (z.B. Bad Schandau, Pirna, Meißen) sowie in Niedersachsen (z.B. Hitzacker) und Schleswig-Holstein (z.B. Lauenburg) überflutet. Hunderte mußten evakuiert werden. Häuser und Straßen wurden beschädigt.
An Deichen traten punktuell Erosions- und Sickerwasserschäden auf, Deichbaustellen wurden geschädigt. Im Land Sachsen-Anhalt wurde an Hochwasserschutzbauwerken eine Schadenshöhe von etwa 30 Mio Euro erreicht (incl. Schwemmgutbeseitigung und Pumpkosten).
Der höchste schiffbare Wasserstand an den Elbepegeln (und an der Saale) wurde während des Hochwassers für etwa 2 Wochen überschritten und der Schiffsverkehr mußte eingestellt werden.

Stoffliche und hygienische Belastung

Im Zuge von Sonderuntersuchungen nach Erreichen der Alarmstufe 4 wurden an Messstellen in Sachsen (Bad Schandau, Brücke; Dresden, Albertbrücke; Meißen, Alte Straßenbrücke; Dommitzsch, links) und Sachsen-Anhalt (Messtation Magdeburg / Magdeburg, Sternbrücke) vom 31.3. bis ca. 10.4. täglich Stichproben des Flusswassers entnommen und auf Coliforme / E. coli untersucht. Die Werte lagen an allen Messstellen bei allen Proben im normalen Bereich.
Typisch für durch Schneeschmelze beeinflußte Hochwasserereignisse war die Konzentration von Nitrat-Stickstoff während der Sonderuntersuchungen an allen Messstellen erhöht. Die Belastung mit organischen Spurenstoffen war in der Wasserphase bei Einzelstoffen (z.B. Hexachlorbenzol [HCB], Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe [PAK]) an einzelnen Messtellen gering erhöht. Geringfügig erhöhte Gehalte an Cadmium, Blei, Quecksilber und Arsen in der Wasserphase wurden bei der Elbe-Längsprofilbefliegung am 4./5. April sowie bei Stichproben an zahlreichen Messstellen festgestellt.
Punktuelle Schwebstoffuntersuchungen wurden durch das LHW Sachsen-Anhalt an Elbezuflüssen und der Elbe durchgeführt (Schwarze Elster: Gorsdorf; Mulde: Jeßnitz, Dessau; Saale: Rosenburg rechts; Elbe: Wittenberg, Aken links, Magdeburg links). Für die mit einer mobilen Zentrifuge entnommenen Proben wurden erhöhte Blei- und Arsengehalte insbesondere bei den Mulde-Messstellen festgestellt.

Quellen, Literatur, Berichte