Grundlagen Hydrometeorologie

Die Hydrometeorologie ist der Zweig der Meteorologie, der das Wettergeschehen und den Witterungsverlauf aus hydrologischer Sicht betrachtet und sich mit den Wechselwirkungen zwischen den atmosphärischen Vorgängen des Wasserkreislaufs und den hydrologischen Prozessen befasst.

Niederschlag

Niederschlag ist der Antrieb der Abflußbildung und daher für hydrologische Betrachtungen von höchster Bedeutung. Niederschlagshöhe, jahreszeitliche Verteilung, Intensität und Andauer, räumliche und zeitliche Verteilung des Niederschlags sowie die Art des Niederschlags beeinflussen die Abflußbildung. Folgende Niederschlagsarten werden unterschieden:

  • fallende Niederschläge (Regen, Schnee, Hagel, Graupeln)
  • abgesetzte Niederschläge (Tau, Reif, Nebelniederschlag)
  • abgelagerte Niederschläge (Schneedecke, Eisablagerungen)
  • aufgewirbelte Niederschläge (Schneefegen, Schneetreiben)

Die größte mengenmäßige Bedeutung haben in Mitteleuropa die fallenden Niederschläge Regen und Schnee.

Niederschlagsmessung

Niederschlagsmessgeräte
Abb. 1: Niederschlagsmessgeräte (Foto: D. Schwandt, BfG)

Die Erfassung des fallenden Niederschlags erfolgt in Deutschland seit 1886 mit dem Hellmann-Niederschlagsmesser als nationalem Referenzmeßgerät (weltweit gibt es mehr als 50 verschiedene nationale Niederschlagsmeßgeräte). Der Hellmann-Niederschlagsmesser besitzt eine kreisrunde Auffangöffnung von 200 cm² und eine Aufstellhöhe von 1 m. Kontinuierliche automatisierte Messungen sind mit zusätzlichen Sensoren (z.B. Tröpfchenzähler, Niederschlagswaage) möglich, die Meßgeräte heißen dann Ombrometer bzw. Pluviographen. Der erfaßte Niederschlag wird als Niederschlagshöhe [in mm] angegeben, er wird jeweils um 7:30 Uhr abgelesen und dem Vortag zugeordnet. Eine Niederschlagshöhe von 1 mm entspricht einem Wasservolumen von 1 l auf 1 m² Bodenfläche.
Wie jede Messung sind Niederschlagsmessungen mit Fehlern behaftet. Systematische Fehler beim Auffangvorgang (z.B. Windfehler, Benetzungsfehler) können sich je nach Lage der Meßstation (frei, stark geschützt) und der saisonal vorherrschenden Art und Intensität der Niederschläge unterschiedlich stark auswirken.

Niederschlagsentstehung

advektive Niederschläge (Kaltfront/Warmfront)
Abb. 2: Zyklonale Niederschläge an Kalt- und Warmfront (Quelle: www.wetterkursus.de)

In wasserdampfgesättigter Luft (relative Feuchte >= 100%) kann die Feuchtigkeit an Kondensationskeimen kondensieren. Die Tröpfchen bzw. Eispartikel wachsen durch Feuchtigkeitsaufnahme oder Aufnahme kleinerer Tröpfchen, bis sie schwer genug sind um den Aufwind in einer Wolke zu überwinden und zu fallen.

konvektive Niederschläge
Durch rasches Aufsteigen erwärmter Luft in eine kältere Umgebung (unter Bildung von Cumulonimbuswolken) entstehen Niederschläge hoher Intensität und kurzer Dauer über einer scharf begrenzten Fläche (ca. 10 - 50 km²). Wärmegewitter an Sommernachmittagen sind eine typische Ausprägung.
Durch Aufstau und Aufsteigen von feuchten Luftmassen in eine kältere Umgebung an Gebirgszügen kommt es zu 'Steigungsregen' (orographischer Niederschlag). Nach Überquerung des Gebirgszuges sinkt die Luft ab, erwärmt sich, kann Feuchtigkeit aufnehmen - Niederschläge sind entsprechend selten - das Gebiet liegt im 'Regenschatten' des Gebirgszuges. Nach der Hauptwindrichtung wird der Vorgang auch als Luv- und Lee-Effekt bezeichnet.

advektive Niederschläge (zyklonale Niederschläge)
Beim Durchzug von Tiefdruckgebieten treffen warme und kalte Luftmassen aufeinander. An der Kaltfront wird die warme Luft zum schnellen Aufsteigen gezwungen, es entstehen linienartige Frontgewitter bzw. -schauer (ca. 100 km Ausdehnung). An der Warmfront gleitet die warme Luft langsam auf eine Kaltluftmasse auf, es entstehen langanhaltende Niederschläge niedriger Intensität 'Landregen' (ca. 600 km Ausdehnung).

Besondere Großwetterlagen

Vb-Wetterlage
Abb. 3: Vb-Wetterlage als Auslöser sommerlicher Starkniederschläge (Quelle: Hamburger Bildungsserver)

Bei der Beobachtung atmosphärischer Zirkulationsmuster in Form der mittleren Luftdruckverteilung am Boden (Position der Hoch- & Tiefdruckgebiete und Frontalzonen) während eines mehrtägigen Zeitraumes über einem großen Gebiet (z.B. Europa) treten charakteristische Abfolgen auf, die als Großwetterlagen bezeichnet werden. Es existiert ein Klassifikationsschema mit 29 verschiedenen Großwetterlagen (nach Hess/Brezowsky). Bestimmte Großwetterlagen gehen mit sehr ergiebigen großräumigen Niederschlägen einher und sind daher für die Auslösung von Hochwasserereignissen von besonderer Bedeutung:

  • Westlage zyklonal
    • großräumige breitenparallele Westströmung zwischen Azorenhoch und Islandtief
    • Durchzug von feucht-warmer Atlantikluft mit rasch wechselnden Niederschlagsfronten
    • tritt häufig auf
    • z.B. Hochwasserereignis Dezember 1993 am Rhein
  • Trog Mitteleuropa (Vb-Wetterlage [nach van Bebber])
    • Kaltluft bewegt sich zum Golf von Genua, erwärmt sich und nimmt viel Feuchtigkeit auf; die Luftmassen werden östlich um die Alpen bzw. über die Alpen nordwärts geführt
    • feucht-warme Luft gleitet auf Kaltluft auf; anhaltende Niederschläge
    • tritt selten auf
    • z.B. Hochwasserereignisse August 2005 an Donaunebenflüssen, August 2002 an Elbe & Donau, Juli 1997 an der Oder

Ermittlung des Gebietsniederschlags

Um von Meßwerten an Meßpunkten zu Flächenwerten zu gelangen, ist eine Interpolation bzw. Transformation der Punktwerte nötig. Gängige Verfahren sind gewichtete / ungewichtete arithmetische Mittelung; entfernungsgewichtete Interpolation sowie Kriging (geostatistische Interpolation).
Insbesondere räumlich sehr heterogene konvektive Niederschlagsereignisse konnten mit dem herkömmlichen Niederschlagsmeßnetz nur unzureichend erfaßt werden. Das vom DWD betriebene Wetterradarverbundnetz (16 Standorte in Deutschland) kann die räumliche Niederschlagsverteilung und -intensität sehr genau ermitteln. Nach Online-Aneichung der Radarniederschlagsdaten an Meßwerte der automatischen 'Boden'niederschlagsmeßstationen kann eine zuverlässige Angabe der Stundenwerte der Niederschlagshöhe für jeden Quadratkilometer in Deutschland erfolgen.

Temperaturmessung

Die Bestimmung der Lufttemperatur erfolgt standardmäßig mit Flüssigkeitsthermometern, elektronischen Thermometern (Thermoelemente) sowie Bimetallschreibern (z.B. Thermo-Hydro-Barograph), die zum Schutz vor Witterung und direkten Strahlungseinflüssen in einer Wetterhütte 2 m über dem Erdboden untergebracht sind. Bei nebenamtlichen Stationen erfolgt die Ablesung an 3 Beobachtungsterminen (7:30, 14:30, 21:30 Uhr MEZ), bei hauptamtlichen Stationen liefern elektronische Thermometer 10-Minutenwerte, die zu Stundenwerten aggregiert und gespeichert werden.

Glossar, Fachliteratur