Niedrigwasserereignisse im Donaugebiet: Das Herbstniedrigwasser 1972

Hydrometeorologische Situation

Gebietsniederschlag 1971/72
Abb. 1: Gebietsniederschlag im Einzugsgebiet von Donaupegeln in den Winter- und Sommerhalbjahren der hydrologischen Jahre 1971 und 1972 im prozentualen Verhältnis zum langjährigen Mittelwert (Daten aus [4][5])

Schon das hydrologische Jahr 1971 wies eine unterdurchschnittliche Niederschlagssumme auf. Auch das folgende Winterhalbjahr war relativ niederschlagsarm (Abb. 1), insbesondere im Zeitraum Dezember bis März, während der April ergiebige Niederschläge brachte. Im Mai wurden im Gebiet nördlich der Donau noch etwa durchschnittliche Niederschlagssummen registriert, während südlich verbreitet nur 50-75 % des langjährigen Mittels erreicht wurden. Von Juni bis Oktober blieb die Niederschlagssumme verhältnismäßig gering. Im besonders trockenen September wurden in Teilgebieten des oberen Donauraums und Niederbayerns weniger als 25 % des mittleren Monatsniederschlags ermittelt. Im Oktober traten erst zu Beginn des letzten Monatsdrittels nennenswerte Niederschläge auf. Insgesamt war das Sommerhalbjahr 1972 noch niederschlagsärmer als im Vorjahr (Abb. 1) und gemessen an den Monatsmitteltemperaturen relativ kühl. Der November begann wieder trocken, im zweiten Monatsdrittel fielen jedoch ergiebige Niederschläge. [1][4][5][6]

Ablauf des Niedrigwassers

Durchflussverlauf Niedrigwasser 1972
Abb. 2: Durchflüsse (Tagesmittelwerte: 22.08. - 31.10.1972) an ausgewählten Pegeln im Donaugebiet

An der Donau oberhalb des Inn (Pegel Donauwörth bis Pegel Hofkirchen) war die Wasserführung von Mai bis August 1972 abgesehen von kurzzeitigen Ausnahmen geringer als der langjährige mittlere Durchfluss (MQ). Anfang September hatte sich der Durchfluss an diesen Pegeln etwa auf das Niveau des langjährigen mittleren Niedrigwassers (MNQ) vermindert und verblieb dort bis zur letzten Oktoberwoche (Abb. 2). Im Oktober traten stellenweise extrem kleine Durchflüsse auf (z. B. Pegel Donauwörth am 17.10.), die geringste Wasserführung am Pegel Hofkirchen stellte sich bereits am 2.10. ein.
Am großenteils schmelzwassergespeisten Inn und an der Donau unterhalb seiner Mündung wurde MQ von Ende Mai bis zum letzten Monatsdrittel im August (Inn-Pegel Passau-Ingling) bzw. von Mitte Juni bis Anfang August (Donaupegel Achleiten) in der Regel überschritten. Am Inn verringerte sich die Wasserführung ab Ende August langsam aber stetig, bis im Oktober fast MNQ erreicht wurde. Im Gegensatz zum unteren Inn wurden für den Donaupegel Achleiten, wo die Wasserführung im September ebenfalls immer geringer geworden war, im Oktober zeitweise extrem kleine Durchflüsse registriert (z. B. am 9.10. und 11.10.).
Der Niederschlag im letzten Oktoberdrittel bewirkte nur am Inn und an der Donau unterhalb von Passau eine deutlich stärkere Wasserführung, setzte aber der extremen Niedrigwasserphase ein Ende.

Schadensbilanz

Maßgeblich bedingt durch das Niedrigwasser wurden im Jahr 1972 über die Donauschleuse Jochenstein gegenüber dem Jahr 1970 1,1 Millionen Gütertonnen weniger (-32 %) und gegenüber 1971 0,5 Millionen Gütertonnen weniger (-18 %) transportiert. Die Zahl der an der Schleuse registrierten Schiffe ging von 7200 (1971) auf 6300 (1972) zurück. [3]

Stoffliche und hygienische Belastung

Wasserbeschaffenheit Donau 1972
Abb. 3: Kaliumpermanganat-Verbrauch (ausgedrückt in mg/l O2), Biochemischer Sauerstoffbedarf in 5 Tagen (BSB5) sowie Ammonium-Stickstoffkonzentration des Donauwassers an den Messstellen Matting und Jochenstein im Jahr 1972 (Daten nach [5][6])

Im Jahr 1972 wurden an mehreren Donau-Messstellen in Bayern etwa monatliche Untersuchungen der Wasserbeschaffenheit durchgeführt. Abb. 3 stellt exemplarisch Ergebnisse für die Messstellen Matting (oberhalb Regensburg) und Jochenstein (an der Grenze zu Österreich) im Jahresgang dar. Die Messwerte zum BSB5 und KMnO4-Verbrauch weisen allgemein auf eine beträchtliche Abwasserbelastung der Donau hin. Selbstreinigungsprozesse hielten die Belastung durch leicht abbaubare organische Substanzen, wie sie besonders vom BSB5 ausgedrückt wird, während des Niedrigwassers im Sommer und Herbst offensichlich in Grenzen. Auch die Konzentration des NH4-N war während des sommer- bzw. herbstlichen Niedrigwassers relativ gering, der höhere Messwert am 25.10. bei Jochenstein repräsentiert bereits ansteigende Wasserstände nach Niederschlag. Im September lag der KMnO4-Verbrauch, der insbesondere die vor allem aus Industrieabwasser stammende schwer abbaubare organische Substanz abbildet, auf durchschnittlichem Niveau, bei Matting wurde am 13.9. wie auch schon am 29.3. ein Spitzenwert gemessen (9,4 mg/l O2). [5][6]
Weitere regelmäßige Wasseruntersuchungen im Jahr 1972 wurden an der Donau bei Leipheim (Kreis Günzburg) vorgenommen. Hier schwankten die Werte des KMnO4-Verbrauchs zwischen 2,9 - 5,4 mg/l O2, wobei das Maximum im September auftrat und im Oktober 4,5 mg/l O2 gemessen wurden. [2]

Quellen, Literatur, Berichte

  • [1] Deutscher Wetterdienst (1972/73): Monatlicher Witterungsbericht 1972. - Amtsblatt des Deutschen Wetterdienstes 20: I-VI, 1-154, Offenbach
  • [2] Arbeitsgemeinschaft Wasserwerke Bodensee-Rhein [1973]: Chemische, physikalische, biologische und bakteriologische Untersuchungen: Januar 1972 - Dezember 1972. - Vierter Bericht: 1-120, Anh., [Freiburg, Br.]
  • [3] Bundesminister für Verkehr - Abteilung Wasserstraßen [1973]: Die Bundeswasserstraßen 1972. - I-III, 1-60, Anh., [Bonn]
  • [4] Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft (1977): Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch: Donaugebiet Abflußjahr 1971. - 1-218, 1 Kt., München
  • [5] Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft (1978a): Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch: Donaugebiet Abflußjahr 1972. - 1-218, 1 Kt., München
  • [6] Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft (1978b): Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch: Donaugebiet Abflußjahr 1973. - 1-218, 1 Kt., München