Niedrigwasserereignisse im Emsgebiet: Das Niedrigwasser im Sommer / Herbst 1959

Hydrometeorologische Situation

Niederschlag Emsgebiet 1959
Abb. 1: Monatlicher Niederschlag des Jahres 1959 im Emsgebiet (Stationen Gütersloh und Löningen) im Vergleich zum langjährigen Mittelwert (nach [6])

Bereits von Oktober 1958 bis April 1959 lag die Niederschlagssumme in Norddeutschland unter dem langjährigen Durchschnitt. Der folgende Sommer (Mai bis September) war in Norddeutschland der niederschlagsärmste der vorausgegangenen 70 Jahre (ab 1890); im Gebietsmittel fielen nur 49 % des langjährigen Durchschnitts. Norddeutschland stand häufig unter dem Einfluss von Ausläufern des subtropischen Hochdruckgürtels, im Mittel traten 38 Tage mit Höchsttemperaturen ≥ 25 °C auf. Für die Dürre des Jahres 1959 war in erster Linie der fehlende Niederschlag kennzeichnend, der sich zudem nur auf wenige Perioden konzentrierte, so dass lange regenfreie Phasen zu verzeichnen waren. [2][3]
Im Emsgebiet war die Niederschlagsmenge nahezu im gesamten Jahr 1959 unterdurchschnittlich, in den Monaten Februar und September fiel fast kein Niederschlag (Abb. 1). Das Münsterland gehörte zu den deutschlandweit am stärksten von der Trockenheit betroffenen Gebieten. Die Trockenperiode reichte dort von Februar 1959 bis Juli 1960. Schon das Winterhalbjahr 1958/59 brachte gegenüber dem langjährigen Mittel ein Niederschlagsdefizit von 94 mm (Wetterwarte Münster). Dauerhaft überdurchschnittliche Sonnenscheindauer und Lufttemperaturen sowie eine anhaltend unterdurchschnittliche relative Luftfeuchtigkeit gingen mit dem Niederschlagsmangel einher. Besonders heiße Tage (bis 35 °C) traten in der ersten Julihälfte auf. Ende Juli / Anfang August kam es gebietsweise zu Wärmegewittern mit Starkregen. Nach einem besonders trockenen und sonnenscheinreichen September fiel auch bis weit in den Oktober hinein kein Niederschlag. Erst im letzten Oktoberdrittel brachten Niederschläge eine Milderung der Trockenheit. [2][6][7]

Ablauf des Niedrigwassers

Durchflussverlauf Niedrigwasser 1959
Abb. 2: Durchflüsse (Tageswerte: 01.07. - 31.10.1959) an ausgewählten Pegeln im Emsgebiet

Aufgrund der anhaltenden Trockenheit wiesen Ems und Hase bereits ab Mitte Juli eine außerordentlich geringe Wasserführung auf (Abb. 2). Am Pegel Rheine, der allerdings durch eine oberhalb liegende Mühle beeinflusst war [9], wurde am 19. Juli der bisher kleinste Durchfluss (seit 1931) registriert. Die Ende Juli eintretende kurze Regenphase ließ den Durchfluss an den Pegeln nur für wenige Tage ansteigen, dann verringerte sich die Wasserführung bis zum letzten Augustdrittel wieder auf ein sehr niedriges Niveau, das bis in den Oktober anhielt. Am 19. September traten am Hase-Pegel Herzlake und am 21. September am Pegel Greven die bisher geringsten Durchflüsse (seit 1937 bzw. 1900) auf. Erst die Niederschläge im letzten Oktoberdrittel bewirkten wieder eine merkliche Zunahme der Wasserführung.

Schadensbilanz

Die anhaltende Trockenheit ging mit einem deutlich gesteigerten Wasserverbrauch einher und führte zu einer angespannten Versorgungslage mit Trinkwasser. Für zahlreiche Wasserwerke in der Münsterschen Bucht waren Sparmaßnahmen angeordnet. Während die zentralen Wasserversorger den gesteigerten Bedarf decken konnten, herrschte in den ländlichen Räumen des Emsgebiets mit flachen Hausbrunnen und insbesondere in den Küstengebieten mit Zisternen teilweise ein Wasserversorgungsnotstand. [1][4]
Die Entwicklung der Vegetation wurde bereits im April und Mai durch Wassermangel eingeschränkt. Es entstanden Ertragsverluste durch zu frühe Blüte und Fruchtreife bzw. durch Absterben der Pflanzen. An trockenen Standorten begann der Laubfall bereits Ende August. [2]
Trotz der geringen Wasserführung kam es auf der kanalisierten Ems zu keinen Einschränkungen des Schiffsverkehrs. Auf den westdeutschen Kanälen wurde das bis dahin höchste Jahresergebnis der transportierten Gütermenge von 1957 im Jahr 1959 sogar noch übertroffen. [8][9]

Stoffliche Belastung

Während des Niedrigwassers zeigten sich die Auswirkungen von ungeklärten Abwassereinleitungen aus Kommunen und Industrie in der Ems stellenweise deutlich. An Schleusenkammern und Wehren bewirkten die im Wasser enthaltenen Detergenzien Schaumbildungen. In der Ems zwischen Greven und Salzbergen (unterhalb Rheine) traten im Sommerhalbjahr mehrere Fischsterben auf. Zwischen Emsbüren und Hanekenfähr gelangte sehr stark salzbefrachtetes Weserwasser, das über den Mittellandkanal zur Speisung des Dortmund-Ems-Kanals herangeführte wurde, durch Schleusenabstiege in die Ems. Die maximalen Wassertemperaturen (12-Uhr-Werte) betrugen am Pegel Rheine 26,2 °C, am Pegel Rühle 25,2 °C und am Pegel Versen 24,6 °C. [5][9][10]

Quellen, Literatur, Berichte

  • Eschweiler, W. (1959): Die Wasserbilanz des Sommers 1959 in den westdeutschen Stromgebieten. - Deutsche Gewässerkundliche Mitteilungen 3 (6): 136-139, Koblenz
  • [1]Anonymus (1959): Lage der Wasserversorgung in Niedersachsen und Schleswig-Holstein im Sommer 1959. - Das Gas- und Wasserfach (Wasser, Abwasser) 100: (40): 1039-1040, München
  • [2]Baumgartner, A. (1960): Meteorologische Rückschau auf das trockene Vegetationsjahr 1959. - Allgemeine Forstzeitschrift 15 (9): 117-119, München
  • [3]Dammann, W. (1960): Der trockene Sommer 1959 im Rahmen sommerlicher Niederschlagsschwankungen seit 1890. - Deutsche Gewässerkundliche Mitteilungen 4 (1): 3-7, Koblenz
  • Feyerabend, A. (1960): Die Bundeswasserstraßen im Jahre 1959. - Die Bautechnik 37 (7): 246-259, Berlin
  • [4]Hartwig, W. (1960): Welche Anforderungen traten im Sommer 1959 an die Wasserwerke heran, und wie wurde der Bedarf gedeckt? - Das Gas- und Wasserfach (Wasser, Abwasser) 101: (26): 655, München
  • [5]Niedersächsischer Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Landesstelle für Gewässerkunde (Hrsg.) (1960): Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch: Weser- und Emsgebiet. Abflußjahr 1959. - 164 S., Anh., Hannover
  • [6]Deutscher Wetterdienst (1961): Deutsches Meteorologisches Jahrbuch: Bundesrepublik 1959. - XLII, 220 S., Anl., Offenbach
  • [7]Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) (1961): Das Abflußjahr 1959/1960 in der Reihe niederschlags- und abflußarmer Jahre seit 1853 im Münsterland. - Wasserwirtschaftsamt Münster/Westfalen, Wasserwirtschaftsstelle Ems: 12 S., Anh., Düsseldorf
  • [8]Bundesministerium für Verkehr - Abteilung Wasserbau (Hrsg.) [1961]: Die Bundeswasserstraßen 1959. Jahresbericht. - 84 S., Anh., [Bonn]
  • [9]Wasser- und Schiffahrtsdirektion Münster (1961): Gewässerkundlicher Jahresbericht 1959. - 15 S., Anh. [unveröffentlichter Bericht vom 9.1.1961 an den Bundesminister für Verkehr; BfG-Sign.: Archiv 155]
  • [10]Kothé, P. (1962): Der "Artenfehlbetrag", ein einfaches Gütekriterium und seine Anwendung bei biologischen Vorfluteruntersuchungen. - Deutsche Gewässerkundliche Mitteilungen 6 (3): 60-65, Koblenz