Hochwasserereignisse im Odergebiet: Das Aprilhochwasser 1785

Hydrometeorologische Situation

Der Winter 1784/85 war in Schlesien sehr schneereich und kalt. Besonders im Februar/März traten starke Schneefälle auf, die zu einer dauerhaften, außerordentlich hohen Schneedecke führten. Nach einer Ende März einsetzenden klaren Phase fielen Anfang April nochmals große Schneemassen. Anschließend stellte sich eine sehr milde Witterung ein, die in den schlesischen Bergen im Zeitraum vom 14. bis 20. April mit heftigen Gewittern verbunden war. Ergiebige Regenfälle im Gebirge und Sonnenschein im Flachland brachten den Schnee in kürzester Zeit zum Schmelzen. [1][4]

Ablauf des Hochwassers

Frankfurt/Oder April 1785
Abb. 1: Überschwemmung der Stadt Frankfurt/Oder im April 1785 (gedruckter Plan, Ende 18. Jh.; überflutete Flächen hellblau mit Kennbuchstabe " i ") [Stadtarchiv Frankfurt (Oder): Sign. A III 1785, Zg. 11/92; alle Rechte beim Stadtarchiv Frankfurt (Oder)]

Infolge der plötzlichen Schneeschmelze führten die Gebirgsgewässer im Odergebiet schnell starkes Hochwasser. Als besonders betroffene Oderzuflüsse werden Opava (Oppa), Nysa Kłodzka (Glatzer Neiße), Oława (Ohlau, Ohle), Bystrzyca (Weistritz, Schweidnitzer Wasser), Kaczawa (Katzbach), Barycza (Bartsch), Bóbr (Bober) und Lausitzer Neiße (Nysa Łużycka) genannt. In der Oder entwickelte sich eine extreme Eisflut, wobei die Wasserstände des Sommerhochwassers 1736 übertroffen wurden. Überstauungen und Brüche zahlreicher Dämme entlang des gesamten Oderlaufs führten zu ausgedehnten Überflutungen. Im Raum Fürstenberg (Eisenhüttenstadt) ereignete sich im Vorfeld der überregionalen Oderflut ein schwerer Eisstau, der Dammbrüche verursachte und dort bereits am 18./19. April zum maximalen Anstieg des Wassers führte. Am sonstigen Flusslauf wurde der maximale Wasserstand der Oder bei Brzeg (Brieg) und Wrocław (Breslau) um den 21. April, in Krosno (Krossen) am 26. April, in Frankfurt/Oder am 27. April und in Kostrzyn (Küstrin) am 28. April erreicht. Einen Plan vom Ausmaß der Überschwemmung in Frankfurt/Oder zeigt Abb. 1. [1] bis [5][7][8][9][12]
Auch die Warta (Warthe) führte extremes Hochwasser und verursachte Deichbrüche und schwere Überschwemmungen im Warta-(Warthe-)bruch. Der höchste Wasserstand am Warta-(Warthe-)Pegel Gorzów Wielkopolski (Landsberg) stellte sich am 26. April ein, die Hochwasserscheitel von Oder und Warta (Warthe) trafen demnach fast zeitgleich aufeinander. An der unteren Oder ereignete sich bei Siekierki (Zäckerick) ein schwerer Dammbruch. [5][6][7]

Schadensbilanz

Gemälde C.B. Rode
Abb. 2: Christian Bernhard Rode: Auffindung der Leiche des Herzogs Leopold von Braunschweig (Öl auf Leinwand, 1787). [Museum Viadrina, Frankfurt/Oder; Inv.-Nr. V/K1-424]

Im Verlauf des unmittelbaren Hochwassergeschehens kamen auch Menschen ums Leben, beispielsweise starben zwei Personen bei Brzeg (Brieg), nachdem ihr Kahn gekentert war. Für Frankfurt/Oder wird von einem Todesopfer berichtet: Prinz Leopold zu Braunschweig starb im Verlauf einer versuchten Rettungsaktion in den Fluten, was mehrere Künstler zu Gemälden animierte (z.B. Abb. 2). [2][10][11]
Die Oderflut setzte zahlreiche Dörfer und Städte entlang des gesamten Flusslaufs unter Wasser. Mancherorts, wie in der Vorstadt von Wrocław (Breslau), mussten die Bewohner bis auf die Dächer ihrer Häuser flüchten. Die plötzlich hereinbrechenden Wassermassen verursachten hohe Viehverluste. Vom Ober- bis zum Unterlauf der Oder entstanden beträchtliche Gebäudeschäden. Beispielsweise wurden in der Dammvorstadt von Frankfurt/Oder (Abb. 1) 44 Wohnhäuser umgeworfen oder komplett weggeschwemmt und zahlreiche weitere Wohnhäuser beschädigt. Daneben war ein hoher Wirtschaftsgebäudeschaden (Scheunen und Ställe) zu beklagen. Wie in Frankfurt/Oder (Abb. 1) so wurden auch an zahlreichen anderen Orten Brücken zerstört oder stark beschädigt. [1][2][3][9] bis [12]
Für die Gegend um Brzeg (Brieg) wird eine kontinuierliche Überschwemmung der Oderaue von 8 Tagen genannt, abgesehen von deutlich länger überstauten sehr tiefen Lagen. Das Hochwasser lagerte große Mengen Sand und Steine in den Auen ab. Für den Raum Wrocław (Breslau) wird die Höhe dieser Sedimentschicht mit umgerechnet rund 0,5-1,5 m angegeben. In Frankfurt/Oder wurden Gärten, Äcker und Grünland von bis zu über 1,8 m mächtigen Sandschichten überlagert. [2][3][9][10]

Stoffliche und hygienische Belastung

Es wurden keine Informationen gefunden. Hinweise sind willkommen.

Quellen, Literatur, Berichte

Hydrometeorologie, Hochwasserablauf
  • [1] Anonymus (1785): Wasserschäden. Breslau. - Schlesische Provinzialblätter 1: (4): 377-382, Breslau
  • [2] Bürde (1785): Einige Nachrichten und Bemerkungen über die Ueberschwemmung im Monat April, aus der Gegend von Brieg. - Schlesische Provinzialblätter 1: (6): 520-548, Breslau
  • [3] Pötzsch, C.G. (1786): Chronologische Geschichte der großen Wasserfluthen des Elbstroms seit tausend und mehr Jahren - Nachtrag und Fortsetzung. - Waltherische Hofbuchhandlung: 1-134, Dresden
  • [4] Wallenberg, C.A.G.v. [o. J.]: Merkwürdige aber unglückliche Naturbegebenheit. - Hochwasserbericht. Masselwitzer Schöppenbuch 1784-1803; zitiert nach Druck in Wachter (1880) bzw. Schuster (1887)
  • [5] Berghaus, H. (1837): Allgemeine Länder- und Völkerkunde. - 2. Band. Hoffmann´sche Verlagsbuchhandlung: 1-798, Stuttgart
  • [6] Engelien, A. & Henning, F. (1857): Geschichte der Stadt Landsberg an der Warthe. - Verl. F. Schäffer u. Comp.: I-VII, 1-328, 1 Anl., Landsberg/Warthe
  • [7] Wehrmann (1861): Die Eindeichung des Oderbruches. - Annalen der Landwirthschaft in den Königlich-Preußischen Staaten 27: 437-454, 499-536, 1 Kt., Berlin
  • Wachter (1880): Wetterschaden 1785. - Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens 15: (1): 253-254, Breslau
  • Schuster, A. (1887): Große Ueberschwemmung um Breslau im Winter 1784/85. - Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens 21: 397-399, Breslau
  • [8] Bureau des Ausschusses zur Untersuchung der Wasserverhältnisse in den der Ueberschwemmungsgefahr besonders ausgesetzten Flußgebieten (Hrsg.) (1896): Der Oderstrom, sein Stromgebiet und seine wichtigsten Nebenflüsse. - III: Strom- und Flussbeschreibungen der Oder und ihrer wichtigsten Nebenflüsse. - I. Abtheilung. Geographische Verlagshandlung D. Reimer: 1-303, Berlin
Schadensbilanz