Hochwasserereignisse im Wesergebiet: Das Märzhochwasser 1981

Hydrometeorologische Situation

In den ersten Märztagen des Jahres 1981 strömte maritime Polarluft nach Deutschland und brachte leichte Regen- oder Schneefälle. Die Höhe der Schneedecke im Harz lag Anfang März geringfügig über dem langjährigen Mittel. Vom 6. - 11. März zogen mehrere Tiefausläufer in nordöstlicher Richtung über Deutschland hinweg, wodurch zunächst tropische Warmluft und ab dem 10. März wieder maritime Polarluft herbeigeführt wurde. Es traten teilweise lang anhaltende Regenfälle auf, die zwischen dem 9. - 11. März besonders ergiebig waren (z. B. Kahler Asten 96 mm, Oderbrück im Oberharz 131 mm) und den im Eder- und oberen Allergebiet liegenden Schnee zum Schmelzen brachten. Begünstigt durch die gestiegenen Temperaturen taute der Schnee im Harz fast vollständig ab. Vom 12. - 14. März brachten von Westen nach Osten ziehende Tiefausläufer weiteren Regen. Erst ab dem 15. März fiel bei deutlich gesunkenen Temperaturen nur noch wenig Niederschlag. [2][3][5]

Ablauf des Hochwassers

Durchflussverlauf Hochwasser 1981
Abb. 1: Durchflüsse (Tagesmittelwerte: 01.02. - 31.03.1981) an ausgewählten Pegeln im Wesergebiet

Die heftigen Regenfälle in der zweiten Märzwoche 1981 und der gleichzeitig rasch schmelzende Schnee brachten die Weser- und Allerzuflüsse aus den Mittelgebirgen schnell zum Anschwellen. Die von den Bergen zuströmenden Wassermengen überschritten den vorgehaltenen Hochwasserspeicherraum von Eder- und Diemeltalsperre, auch drei Talsperren im Westharz liefen über. Obgleich der Scheitel der Hochwasserwelle der Fulda dem der Werra deutlich vorauslief (Abb. 1), kam es an der Oberweser zu beträchtlichen Überschwemmungen. Der Hochwasserscheitel der Weser trat am Pegel Hannoversch-Münden bereits am 12. März auf und erreichte am 14. März die Pegel Vlotho und Porta. Auch der Mittelweserraum war von Überschwemmungen betroffen. Da die Hochfluten von Weser und Aller fast zeitgleich aufeinandertrafen (Abb. 1), entstanden Sommerdeichbrüche an der unteren Mittelweser. In Bremen traf die Flutwelle auf ein nur eingeschränkt steuerbares Weserwehr mit dadurch reduziertem Abflussquerschnitt. Der Rückstau führte am 15. März zum Deichbruch oberhalb des Wehres, das nun von einem großen Teil des Wassers linksseitig umströmt wurde. Diese "Neue Weser" floss durch den Werdersee in Habenhausen (Obervieland), der dadurch erheblich überformt wurde, und überflutete die benachbarte Kleingartenanlage (Abb. 2). Der Hochwasserscheitel am Pegel Intschede (untere Mittelweser) trat am 16. März auf. Das Hochwasser ging nur langsam zurück, erst im April stellte sich wieder eine mittlere Wasserführung ein. [1][2][5][8]

Schadensbilanz

Durchbruch
Abb. 2: Weser in Bremen zwischen Hemelingen/Hastedt (rechtsseitig/unten) und Habenhausen (linksseitig/oben) am 26.03.1981 (Blickrichtung stromaufwärts). Links in Bildmitte: ehemaliges Weserwehr; Bildmitte: Durchbruch der "Neuen Weser" mit überfluteter Kleingartenkolonie; rechts unten: Werderbrücke (heute Karl-Carstens-Brücke). (Foto: Wasser- und Schifffahrtsamt Bremen; Quelle: Bundesanstalt für Wasserbau, Verkehrswasserbauliche Zentralbibliothek, Nr. HB3246)

Bei dem Hochwasser im März 1981 kamen mehrere Menschen ums Leben. In vielen Städten drang das Wasser in Gebäude ein und überflutete Straßen und Wege. Schwer betroffen waren beispielsweise die Städte Fritzlar (Eder), Nordheim (Rhume/Leine), Hessisch-Oldendorf (Oberweser), Nienburg (Mittelweser) und Bremen. Allein die Maßnahmen zur Beseitigung des Weserdurchbruchs in Bremen, die vom 22.03. - 09.04.1981 erfolgten, wurden mit 3,2 Mio. DM beziffert. Die Landwirtschaft klagte über den Verlust von Saaten und eine erschwerte Neubestellung, über Beschädigungen und Verlust von Weidezäunen sowie über Schäden durch Schlammauftrag. Vielerorts kam es hochwasserbedingt zu Verkehrsbehinderungen, von denen auch die Schifffahrt nicht ausgenommen war. [1][2][4][8]

Stoffliche Belastung

BSB<sub>5</sub>-Belastung am 16.03.1981
Tab. 1: BSB5-Belastung der Ober- und Mittelweser während der Hochflut am 16.03.1981 im Vergleich zum Jahresmittel 1981 (nach [6] )

Das Hochwasser führte zu einer starken Erhöhung des Schwebstofftransports in der Weser. Im Monat März wurde an der Messstelle Bodenwerder über ein Viertel, an der Messstelle Intschede etwa ein Fünftel der Schwebstofffracht des hydrologischen Jahres 1981 abgeführt. [9]
Während des Hochwassers traten keine fischkritischen Sauerstoffminima auf. Die geringste Sauerstoffkonzentration, die an den sieben Messstationen mit kontinuierlicher Messung an der Ober- und Mittelweser im Zeitraum 9. März bis 5. April ermittelt wurde, betrug 6,0 mg/l (Station Hajen, 10.03.1981). Für den 16. März, also zur Zeit extremen Hochwassers, liegen Messwerte des Biochemischen Sauerstoffbedarfs in fünf Tagen (BSB5) für die Ober- und Mittelweser vor (Tab. 1). Während die BSB5-Konzentration des Weserwassers an diesem Tag fast an allen Messstationen dem Niveau des Jahresmittelwerts entsprach (Ausnahme Messstation Drakenburg), lag die Belastung frachtbezogen drei- bis viermal, in Drakenburg sogar sechsmal so hoch.
Das Hochwasser führte zur Verdünnung der durch die Kali-Industrie verursachten außerordentlich hohen Salzkonzentration der Weser. Die aus 14-Tagesmischproben ermittelten Chloridkonzentrationen für den Probenahmezeitraum mit dem höchsten Abfluss (9.-22. März) übertrafen an den Messstationen der Ober- und Mittelweser (außer Bremen-Hemelingen) dennoch das jeweilige Jahresmittel aus diesen Mischprobenwerten. Offensichtlich wurde das Hochwasser verstärkt zur "Salzentsorgung" genutzt. [6][7]

Quellen, Literatur, Berichte

  • [1] Anonymus (1981): "Land unter". Hochwasser entwickelte sich zur Flutkatastrophe. - Die Weser 55 (2): 20-21, Bremen
  • [2] Bundesanstalt für Gewässerkunde (1981): Wasserwirtschaftlicher Lagebericht der Bundesanstalt für Gewässerkunde für das I. Quartal 1981. - Deutsche Gewässerkundliche Mitteilungen 25 (2): 61-62, Koblenz
  • [3] Deutscher Wetterdienst (1981): Monatlicher Witterungsbericht. Amtsblatt des Deutschen Wetterdienstes 29 (1981) Nr. 3, Offenbach/M.
  • [4] Meiners, W. (1981): Das große Hochwasser 1981 in Niedersachsen. - Husum Druck- u. Verlagsges.: 1-64, Husum
  • Steckhan, D. (1981): Hochwasser im südlichen Niedersachsen. - Neues Archiv für Niedersachsen 30 (3): 239-240, Göttingen
  • [5] Tonn, R. (1981): Das Märzhochwasser 1981 im Westharz. - Wasser & Boden 33 (12): 574-581, Berlin
  • [6] Arbeitsgemeinschaft der Länder zur Reinhaltung der Weser (1982): Zahlentafeln der physikalisch-chemischen Untersuchungen 1981. - 1-262, Düsseldorf [u.a.]
  • [7] Niedersächsischer Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Hrsg.) (1982): Gewässerüberwachungssystem Niedersachsen. Jahresbericht 1981. - 1-58, Hannover
  • Niedersächsischer Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten - Landesstelle Gewässerkunde - (1982): Deutsches Gewässerkundliches Jahrbuch. Weser- und Emsgebiet. Abflußjahr 1981. - 1-294, 1 Kt., Hannover
  • Niedersächsisches Wasseruntersuchungsamt Hildesheim (1982): Daten zur Wassergüte der oberirdischen Binnengewässer des Landes Niedersachsen. Jahresbericht 1981. Physikalische, chemische und biochemische Untersuchungsbefunde. - Hildesheim
  • Schmidt, M. (1982a): Südharztalsperren und Leine-Hochwasser. - Neues Archiv für Niedersachsen 31 (4): 424-438, Göttingen
  • Schmidt, M. (1982b): Die Hochwasserdämpfung durch die Mehrzwecktalsperren im Westharz. - Wasser & Boden 34 (12): 546-550, Berlin
  • Tonn, R. (1982): Ungewöhnliche Hochwässer aus dem Harz. - Neues Archiv für Niedersachsen 31 (2): 113-125, Göttingen
  • [8] Landesbildstelle Bremen (Hrsg.) (1983): Weser-Hochwasser 1981. Beiheft zur Diareihe. - RX 1898. 1-50, Bremen
  • [9] Bundesanstalt für Gewässerkunde: Schwebstoffdatenbank (SchwebDB). - Koblenz