Niedrigwasserereignisse im Elbegebiet: Das Niedrigwasser im Sommer / Herbst 2003

Hydrometeorologische Situation

Das Jahr 2003 war in ganz Deutschland überdurchschnittlich warm und sehr niederschlagsarm. Im Gebietsmittel für Deutschland wurden nur 75% des langjährigen Mittelwertes des Jahresniederschlags erreicht. Bis auf das Einzugsgebiet der Ems waren alle Stromgebiete in Deutschland von einer dauerhaft niederschlagsarmen Witterungsperiode (meteorologische Trockenperiode) von Februar bis Oktober betroffen. Die Monate Juni und August markierten neue Hitzerekorde. Stabile, strahlungsreiche Hochdruckwetterlagen blockierten die Westströmung feucht-warmer Atlantikluft, so dass großflächige, langanhaltende Niederschlagsereignisse insbesondere im Osten Deutschlands nicht auftraten. Durch das Einsickern trockener Festlandsluft wurden Rekordtemperaturen und extrem lange Perioden mit heißen Tagen wie in Südwestdeutschland nicht erreicht.

Ablauf des Niedrigwassers

Durchflussverlauf Niedrigwasser 2003
Abb. 1: Durchflüsse (Tageswerte: 1.7.2003 bis 1.10.2003) an ausgewählten Pegeln der Elbe und der Nebenflüsse

Zahlreiche Bäche im sächsischen Einzugsgebiet der Elbe fielen bereits Mitte August trocken. Durch die Stauseen im Gebiet der Oberen Elbe, die nach dem Hochwasser 2002 gut gefüllt waren, erfolgte eine Niedrigwasseraufhöhung, die bewirkte, dass am Pegel Dresden keine extrem niedrigen Durchflusswerte beobachtet wurden. Im tschechischen Teil des Einzugsgebietes der Elbe fand Mitte der 1950er bis ca. 1980 ein massiver Ausbau der Speichermöglichkeiten statt (Moldau, Eger), der einen erheblichen Einfluss auf das Niedrigwassergeschehen insbesondere der Oberen Elbe hat. Der ausgleichende Einfluss der Stauseen nimmt elbabwärts ab. Der Durchfluss am Pegel Neu Darchau ging ab Ende Mai kontinuierlich zurück, der niedrigste Durchflusswert wurde am 18.08.2003 registriert.

Schadensbilanz

Durch die andauernde und bereits früh auftretende Trockenheit während des Hauptwachstums der Feldfrüchte (insbesondere Getreide) in den Monaten April, Mai und Juni kam es auf grundwasserfernen Böden mit einer geringen Wasserspeicherkapazität zu einer nachhaltigen Schädigung der Pflanzen und teilweise zum Totalausfall der Ernte. Für ganz Mitteleuropa werden die landwirtschaftlichen Schäden auf mehr als 10 Mrd. US$ beziffert (Münchener Rück, 2004), für Deutschland schätzt der Deutsche Bauernverband die Verluste durch Ernteausfälle auf 1 Milliarde Euro.
Ab Mitte August kam es an bestimmten Standorten zu einer schlagartigen Verfärbung der Laubbäume (Trockenfärbung) und fast flächendeckend zu einer Beeinträchtigung der Vitalität von Laub- und Nadelgehölzen. Für Schaderreger wie den Borkenkäfer bot der Witterungsverlauf sehr günstige Entwicklungsbedingungen.
Die niedrigen Wasserstände behinderten die Binnenschifffahrt erheblich: Frachtschiffe konnten nicht voll beladen werden, touristische Linien konnten nicht alle Anlegestellen anfahren. Andererseits lockte das sonnige Wetter vermehrt Touristen auf die Ausflugsschiffe. Die Güterschifffahrt auf der Binnenelbe kam ab Mitte Juni 2003 zum Erliegen. Die Niedrigwasserschäden für die gesamte deutsche Binnenflotte werden auf 37,5 Millionen Euro geschätzt (Münchener Rück, 2005).
Aufgrund der hohen Wassertemperaturen musste die Einleitung von Kühlwasser aus Kraftwerken und Industriebetrieben beschränkt werden, zudem waren die Durchflüsse teilweise zu gering, um den Verdunstungsverlust der Kühltürme zu ersetzen. Kraftwerke an der Unterelbe drosselten die Leistung entsprechend um bis zu 40 %.
Die Belastungen durch die Hitze überforderte vermehrt bei geschwächten Menschen das Herz-Kreislauf-System. Für ganz Deutschland wurde die Zahl der Hitzetoten auf 3500 geschätzt (Münchener Rück, 2004).

Stoffliche und hygienische Belastung

Geringe Abflüsse in Verbindung mit starker Sonneneinstrahlung und hoher Lufttemperatur führten zu hohen Wassertemperaturen (bis zu ca. 27 °C) in der Elbe. Der minimale Sauerstoffgehalt an verschiedenen Messstellen an der Elbe befand sich im Zeitraum 1.7. - 31.8.2003 mit 5,2 - 7,9 mg/l oberhalb der fischkritischen Marke von 4 mg/l. In Berliner Gewässern wurde durch den Einsatz eines Belüftungsschiffes Sauerstoffmangelsitutationen vorgebeugt.
Die bakterielle Belastung mit coliformen Bakterien an der Messstation Schmilka war in den Monaten Juni bis September um ein Vielfaches höher als in den Monaten Februar bis Mai (bei vergleichbarer Gesamtkeimzahl). Durch die sehr niedrigen Abflüsse in den Sommermonaten erfolgte eine Aufkonzentrierung der bakteriellen Belastung. Weiterhin kann ab 20 °C Wassertemperatur eine Vermehrung von coliformen Bakterien im Wasser erfolgen. Bei einer hohen bakteriellen Grundbelastung wie im Gewässerabschnitt der Messstation Schmilka erhöht sich die Belastung durch die Vermehrung der Bakterien im Wasser zusätzlich. Bei einer minimalen Grundbelastung wie im Gewässerabschnitt der Messstation Schnackenburg haben die hohen Wassertemperaturen und die Aufkonzentrierung bei Niedrigwasser keinen Effekt.

Quellen, Literatur, Berichte