Hochwasserereignisse im Elbegebiet: Das Eishochwasser 1784
Hydrometeorologische Situation
Der Winter 1783/1784 war außergewöhnlich kalt und schneereich. Von November 1783 bis März 1784 wurden in Prag 73 Eistage (höchste Tagestemperatur unter 0°C) registriert. Für Halle, Saale wird von einer ununterbrochenen Frostperiode vom 14.11.1783 bis 23.2.1784 berichtet, die die Saale für 20 Wochen zufrieren ließ. In Wittenberg herrschte vom 7.12.1783 bis 22.2.1784 fast durchgängig z.T. strenger Frost (siehe Abb.1). Von Ende Dezember bis Ende Februar bildete sich bei Dresden auf der Elbe eine mehr als 110 cm dicke Eisdecke. Für ähnliche Zeiträume wird von mächtigen Eisdecken auf Donau sowie Mittel- und Niederrhein berichtet.
Ein Warmlufteinbruch um den 23.2. und großflächiger Starkregen bewirkten Ende Februar ein plötzliches Tauwetter, das die erheblichen Schneemengen im Flachland und in den Mittelgebirgen rasant abschmelzen ließ. Ausgelöst wurde der Warmlufteinbruch von einem blockierenden Hoch über Osteuropa, das eine südliche Luftströmung über Mitteleuropa zur Folge hatte.
Ablauf des Hochwassers
Am 28. Februar 1784 begann das Eis in Dresden aufzubrechen. Die Elbe stieg (beeinflußt durch Eisstau an der Augustusbrücke) innerhalb von 11 Stunden um ca. 350 cm. Der höchste Wasserstand wurde am 1. März registriert. Der Rückgang des Hochwassers verlief ebenfalls sehr schnell: innerhalb von 24 h zog sich das Wasser aus Häusern und Straßen zurück. Am 6. März befand sich die Elbe bei Dresden wieder in ihrem Flußbett. Unstrut, Saale, Mulde und Spree führten ebenfalls Eishochwasser.
Schadensbilanz
An der Moldau ist das Eishochwasser 1784 das bis heute höchste durch Hochwassermarken bezeugte Winterhochwasser. Die Karlsbrücke in Prag wurde durch das Hochwasser der Moldau beschädigt, die Prager Altstadt überflutet. Zahlreiche Schiffs- und Wassermühlen waren zerstört worden. Allein in Böhmen verschlangen die Fluten dutzende Menschen und zerstörten etliche Dörfer vollständig, andere teilweise. In Dresden standen weite Teile der Stadt bis zu 150 cm unter Wasser. Zahlreiche Nebenflüsse der Elbe führten Hochwasser und überschwemmten an ihnen liegende Ortschaften (Schäden an Häusern, Brücken, Schiffen, ...). Im Elbtal zwischen Aussig (Usti n.L.) und Magdeburg kam es zu mehreren Dammbrüchen und Laufverlagerungen. Gärten, Felder und Wiesen wurden von Sand, Schlamm, Steinen und mitgerissenem Geschwemmsel bedeckt. Dadurch, daß Vorräte verdorben und Mühlen unbrauchbar waren, kam es zu einer Lebensmittelverknappung und Teuerung.
An der Donau erlitten u.a. die Städte Ingolstadt, Regensburg und Wien durch Überflutungen große Schäden. Das Rheingebiet (insbesondere Neckar, Main, Mosel, Niederrhein) war durch das Eishochwasser 1784 ebenfalls stark betroffen.
Auswirkungen auf die Gewässergüte
Informationen sind nicht bekannt.
Quellen, Literatur, Berichte
Literatur
- Titius, J. D. [Hrsg.] (1768-1792): Wittenbergsches Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes Wittenberg.
- Anonymus (1784): Getreue Beschreibung der lezten ausserordentlichen Ueberschwemmung in Teutschland. Kurfürstl. privil. Zeitungs- und Addressekomtoir, München
- Anonymus (1784): Nachtrag zur Beschreibung der lezten Ueberschwemmung in Teutschland sowohl, als außer demselben. Kurfürstl. privil. Zeitungs- und Addressekomtoir, München
- Anonymus (1784): Vermischte Nachrichten von der allgemeinen Ueberschwemmung, welche die Flüsse in Deutschland und andern Orten zu Ende des Febers 1784 verursacht haben. Nürnberg
- Anonymus (1784): Gründliche Nachricht derer so merkwürdigen Wasser-Fluthen, welche in verschiedenen Gegenden Deutschlands bey erfolgtem Eisgang des Monat Feb. 1784 so erschreckliche und betrübte Verwüstung angerichtet.
- Anonymus (1784): Ausführliche Nachricht von der großen Elbfluth in Sachßen am 29. Februar u. f. Tage. Magazin der Sächsischen Geschichte, Dresden, 1. Theil, S. 114-132
- Hübner, L. (1784): Gräuliche Ueberschwemmungs-Geschichte von den Monaten Hornung und März des Jahres MDCCLXXXIV. München und Salzburg
- Lauban (1784): Historische Nachrichten von den schrecklichen Wasser-Ergießungen von den entsetzlichen Eiß-Fahrten und von den dadurch angerichteten traurigen Verwüstungen welche in den Monaten Februar und März dieses 1784sten Jahres fast in ganz Deutschland sich eräugnet haben.
- Pötzsch, C. G. (1784): Chronologische Geschichte der großen Wasserfluthen des Elbstroms seit tausend und mehr Jahren. Waltherische Hofbuchhandlung, Dresden.
- Fügner, D. (1995): Hochwasserkatastrophen in Sachsen. Tauchaer Verlag
- Schmidt, M. (2000): Hochwasser und Hochwasserschutz in Deutschland vor 1850. Eine Auswertung alter Quellen und Karten. Oldenbourg Industrieverlag
- Weikinn, C. (2000): Quellentexte zur Witterungsgeschichte Europas von der Zeitwende bis zum Jahre 1850, Hydrographie Teil 5 (1751 - 1800). Gebrüder Bornträger, Berlin, Stuttgart. (Hrsg. und bearbeitet von M. Börngen und G. Tetzlaff.)
- Munzar, J., Elleder, L. & Deutsch, M. (2005): The Catastrophic Flood in February/March 1784 - a Natural Disaster of European Scope. Moravian Geographical Reports. 1/2005, Vol. 13
- Demarée, G. (2006): The catastrophic floods of February 1784 in and around Belgium - a Little Ice Age event of frost, snow, river ice ... and floods. Hydrological Sciences - Journal des Sciences Hydrologiques, 51 (5), Okt. 2006
- Glaser, R. (2008): Klimageschichte Mitteleuropas - 1200 Jahre Wetter, Klima, Katastrophen. - 2. Aufl., Primus-Verlag: I-VIII, 1-264, Darmstadt
Informationen im Internet
- Historische Klimadatenbank tambora
- Wikipedia: Winter 1783/84