Niedrigwasserereignisse im Elbegebiet: Das Niedrigwasser im Sommer / Herbst 2015
Hydrometeorologische Situation

Der meteorologische Winter des Jahres 2015 endete mit einem im Osten Deutschlands sehr trockenen Februar, an den sich ein relativ warmes, trockenes und sonnenscheinreiches Frühjahr anschloss. Der Juni war in der ersten Monatshälfte und am Monatsende warm und wesentlich trockener als in der vieljährigen Referenzperiode (1961-1990). Am Beginn und ab der zweiten Julihälfte traten Hitzewellen auf, eine dritte Anfang August. Der Sommer 2015 war der drittwärmste in Deutschland seit 1881. Im Juli lag der Niederschlag im deutschen Elbegebiet über dem vieljährigen Durchschnitt, im tschechischen Einzugsgebiet aber weiterhin deutlich darunter (Abb. 1). Die Monatsbilanz des Niederschlags im August war in Brandenburg und Thüringen wie auch im tschechischen Elbegebiet defizitär, obgleich Mitte August kurzzeitig ausgiebiger Regen fiel. Der September war erneut verbreitet trockener als im vieljährigen Durchschnitt. Niederschläge im Verlauf des im Elbegebiet überdurchschnittlich feuchten Oktobers und Novembers beendeten dort die langanhaltende Trockenperiode. [1][2][3]
Ablauf des Niedrigwassers

Wachsende Niederschlagsdefizite sowie durch Sonnenschein und Wärme geförderte hohe Verdunstungsraten führten im Elbegebiet von Juni bis in den Oktober hinein zu ausgeprägtem Niedrigwasser (Abb. 2). Einzelne Niederschlagsepisoden, von denen der Regen Mitte August am bedeutendsten war, brachten nur eine kurzfristige Milderung der Situation. Vergleichbare Niedrigwasserereignisse im Elbegebiet wurden vorher zuletzt in den Jahren 1964 und 2003 beobachtet. Die niedrigsten Durchflüsse an Elbepegeln in Deutschland lagen 2015 im Zeitraum Ende Juli bis Mitte August. An der Ober- und Mittelelbe, bis zur Mündung der Saale, war das Niedrigwasser intensiver ausgeprägt als im Jahr 2003. Der kontinuierliche Zustrom von Wasser aus Talsperren in Tschechien verhinderte, dass die Durchflüsse an einigen deutschen Pegeln der Elbe die obersten Ränge der niedrigsten Durchflüsse aus jahrhundertlangen Zeitreihen erreichten. [3][12]
Schadensbilanz

Im Sommer und Herbst 2015 war die Schifffahrt auf der Oberelbe unterhalb von Ústí nad Labem niedrigwasserbedingt stark eingeschränkt. Die Sächsische Dampfschifffahrt musste ihre Fahrten an 14 Tagen vollständig einstellen. Auch auf der Mittelelbe (Abb. 3) ergaben sich aufgrund der geringen Wasserstände Beeinträchtigungen für die Schifffahrt. [3][7]
Im deutschen Elbeeinzugebiet war es in Südbrandenburg und Sachsen besonders heiß und trocken. In der Landwirtschaft bestand ein erhöhter Bewässerungsbedarf. Die Dürre schädigte beispielsweise Maiskulturen und verminderte Grünlanderträge [6]. Es entstand großer Schaden durch Waldbrände, insbesondere im Fläming (Brandenburg) [5][8].
Für den Sommer 2015 wurden erhöhte hitzebedingte Krankheits- und Sterberaten berechnet [9][10][11].
Stoffliche Belastung



Zur Untersuchung der Wasserbeschaffenheit der Elbe und ihrer größten Zuflüsse in Deutschland kam während des Niedrigwassers 2015 das Messprogramm für hydrologische Extremereignisse an der Elbe zum Einsatz. Die Messergebnisse finden sich hier.
Das Niedrigwasser ging mit hohen Wassertemperaturen einher, deren Maximum aber meist schon Anfang Juli erreicht wurde. Phasenweise stellten sich relativ niedrige Sauerstoffgehalte ein, die aber oberhalb fischkritischer Werte blieben (Abb. 5). An der Oberelbe (z. B. Messstation Schmilka, Abb. 4) wirkte das Zuschusswasser aus tschechischen Talsperren einer stärkeren Aufkonzentration belastender Wasserinhaltsstoffe spürbar entgegen. In der Mittelelbe wurden dagegen außerordentlich hohe Konzentrationen von Salzionen gemessen. Spitzenwerte der Chloridkonzentration waren ähnlich hoch wie beim Niedrigwasser 2003 und höher als im hydrologischen Referenzjahr 2012, das kein ausgeprägtes Hoch- oder Niedrigwasser aufwies (Abb. 6) [12][13].
Die Konzentration der Schwermetalle war in der Regel geringer als beim Niedrigwasser 2003. Gegenüber den Konzentrationsmaxima des Referenzjahres 2012 traten bei einzelnen Schwermetallen (z. B. Nickel, Kupfer) stellenweise höhere Konzentrationen auf, die sich überwiegend auf den gelösten Anteil bezogen. Die Arsenkonzentration war beim Niedrigwasser an allen Probestellen durchschnittlich höher als 2012 und erreichte in der gelösten Phase auch an allen Probestellen höhere maximale Konzentrationen[12][15].
Während sich die Arsenfracht der Elbe am stärksten nach dem Zufluss der Mulde erhöhte, bewirkte der Zustrom der Saale in der Elbe eine maßgebliche Erhöhung der Fracht von Chlorid, Zink, Cadmium, Uran, Blei und weiteren Schadstoffen. Diese Verhältnisse sind grundsätzlich auch bei stärkerer Wasserführung anzutreffen. [12][14].
Quellen, Literatur, Berichte
Hydrometeorologie / Niedrigwasserablauf
- Wittich, K.-P. & Löpmeier, F.-J. (2015): Kurzer Überblick über die Dürre in Deutschland im Juni 2015. - DWD (Hrsg.); Stand: 19.6.2015
- [1] Becker, P. et al. (2015): Klimatologische Einschätzung des Sommer 2015. - DWD (Hrsg.); Stand: 13.10.2015
- Bundesanstalt für Gewässerkunde (2015): Berichte der BfG zum Niedrigwasser 2015. - 18 Berichte im Zeitraum 13.7. bis 16.11.2015, Koblenz
- CHMI (2015): Drought in the Czech Republic in 2015 - A preliminary summary. - October 2015: 12 S., Prag
- CHMI (2015): Drought in the Czech Republic in 2015. - Bearb: Daňhelka, J. et al.: 152 S., Prag
- [2] Friedrich, K. & Imbery, F. (2016): Die Witterung in Deutschland 2015. - In: DWD (Hrsg.): Klimastatusbericht 2015: 5-17, Offenbach
- DWD/LfULG Sachsen (Hrsg.) (2016): 2015 - Wetter trifft auf Klima. - Bearb.: Böttcher, F. et al.; 39 S., Anh.
- [3] IKSE (2017): Hydrologische Auswertung der Niedrigwassersituation 2015 im Einzugsgebiet der Elbe. - 63 S., Magdeburg
- Simon, M. (2018): Die Elbe im Raum Magdeburg. - Hrsg: LHW Sachsen-Anhalt; Neuaufl.: 84 S., Magdeburg
- Elleder, L., Kašpárek, L., Šírová, J. & Kabelka, T. (2020): Low water stage marks on hunger stones: verification for the Elbe from 1616 to 2015. - Climate of the past 16: 1821–1846, Katlenburg-Lindau
- [4] Stockel, H., Willems, W., Belz, J.U. & Krahe, P. (2020): Das Niedrigwasserjahr 2015: Ereignisdokumentation und Analyse maßgeblicher Prozesse. - Bericht BfG-2015: 191 S., Anh., Koblenz
- Bundesanstalt für Gewässerkunde (2021): Die Niedrigwassersequenz der Jahre 2015 bis 2018 in Deutschland - Analyse, Einordnung und Auswirkungen. - Mitteilungen (BfG) 35: 412 S. + 2 Anl., Koblenz
- IKSE (2023): Analyse der Niedrigwasserperiode 2014 – 2020 im Einzugsgebiet der Elbe. - 76 S., Magdeburg
Niedrigwasserschäden
- [5] Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2016): Waldbrandstatistik der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2015. - 19 S., Bonn
- [6] Pietzsch, S., Löpmeier, F.-J., Fildebrandt, J. & Wegener, M. (2016): Die agrarmeteorologische Situation im Jahr 2015. - In: DWD (Hrsg.): Klimastatusbericht 2015: 31-48, Offenbach
- [7] Kremsa, J. & Petr, J. (2016): Impacts of hydrological drought in 2015 on water levels and river shipping conditions on the regulated part of the river Elbe in the Czech Republic. - Magdeburger Gewässerschutzseminar, 6./7. Oktober 2016 (Dresden); Tagungsband: 143-144
- [8] MLUL Brandenburg / Landesbetrieb Forst Brandenburg, Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde (2016): Waldbrandstatistik 2015. - 25 S., Eberswalde
- [9] Wasem, J., Richter, A.-K. & Schillo, S. (2019): Untersuchungen des Einflusses von Hitze auf Morbidität. - Abschlussbericht; Lehrstuhl für Medizinmanagement Universität Duisburg-Essen, 124 S.
- [10] Heiden, an der, M. et al. (2020): Heat-related mortality - an analysis of the impact of heatwaves in Germany between 1992 and 2017. - Deutsches Ärzteblatt International 117: 603–609, Köln
- [11] Axnick, M. (2021): Hitzebedingte Sterblichkeit in Berlin und Brandenburg. - Zeitschrift für amtliche Statistik Berlin Brandenburg 15 (1): 34-39, Potsdam
Stoffliche Belastungen
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- [12] FGG Elbe (Hrsg.)(2016): Wasserbeschaffenheit und Schadstofftransport beim extremen Niedrigwasser der Elbe von Juli bis Oktober 2015. - Bearb.: Hübner, G. & Schwandt, D.; Fachberichte Hochwasser / Niedrigwasser
- Hübner, G. & Schwandt, D. (2016): Transport of contaminants during extreme flood and low flow events of the River Elbe. - Magdeburger Gewässerschutzseminar, 6./7. Oktober 2016 (Dresden); Tagungsband: 131-132
- Hübner, G. & Schwandt, D. (2018): Extreme low flow and water quality - a long-term view on the River Elbe. - Erdkunde - Archive for Scientific Geography 72 (3): 235-251, Bonn
- [13] Schwandt, D. & Hübner, G. (2018): Water quality and contaminant loads during the extreme low flow of the River Elbe in 2015. - Magdeburger Gewässerschutzseminar, 18./19. Oktober 2018 (Prag); Tagungsband: 52-55
- [14] Hübner, G., Schwandt, D. & Kirchesch, V. (2018): Transport von Salzen und Schwermetallen beim Niedrigwasser der Elbe im Jahr 2015. - Ergebnisse DGL-Jahrestagung 2017 (Cottbus): 182-189, Hardegsen
- [15] Hübner, G. & Schwandt, D. (2021): Salz- und Spurenstoffbelastung von Elbe und Rhein beim Niedrigwasser 2015 und 2018. - Mitteilungen (BfG) 35: 295-321, Koblenz
Das Niedrigwasser im europäischen Kontext
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- Lanen, van, H.A.J. et al. (2016): Hydrology needed to manage droughts: the 2015 European case. - Hydrological processes 30: 3097-3104, New York
- Orth, R., Zscheischler, J. & Seneviratne, S.I. (2016): Record dry summer in 2015 challenges precipitation projections in Central Europe. - Scientific reports 6: 28334 (8 S.), London
- Hauser, M. et al. (2017): Methods and model dependency of extreme event attribution: the 2015 European drought. - Earth’s future 5 (10): 1034–1043, Hoboken, NJ
- Ionita, M. et al. (2017): The European 2015 drought from a climatological perspective. - Hydrology and earth system sciences 21: 1397-1419, München
- Laaha, G. et al. (2017): The European 2015 drought from a hydrological perspective. - Hydrology and earth system sciences 21: 3001-3024, München
- Hanel, M. et al. (2018): Revisiting the recent European droughts from a long-term perspective. - Scientific reports 8: 9499 (11 S.), London
- Hänsel, S., Ustrnul, Z., Łupikasza, E. & Skalak, P. (2019): Assessing seasonal drought variations and trends over Central Europe. - Advances in water resources (127): 53–75, Amsterdam [u.a.]
- Moravec, V. et al. (2021): Europe under multi-year droughts: how severe was the 2014–2018 drought period? - Environmental research letters 16: 034062 (13 S.), Bristol