Niedrigwasserereignisse im Elbegebiet: Das Niedrigwasser im Sommer / Herbst 2019

Hydrometeorologische Situation

Niederschlag August 2019
Abb. 1: Niederschlagshöhe im August 2019 in Deutschland in Prozent des vieljährigen Mittels 1961-1990 (© DWD: Klimakarten Deutschland)

Auf einen in Hinblick auf die Wasserspeicherung im Elbegebiet durchschnittlichen bzw. im Mittelgebirge auch überdurchschnittlichen Winter 2018/19 folgte ein bis auf den Mai überwiegend warmes Frühjahr mit insgesamt unterdurchschnittlichem Niederschlag.
Im Juni gelangten mit einer Südwest-/Südströmung warme subtropische Luftmassen aus dem Mittelmeerraum und aus Nordafrika ins Elbegebiet, so dass verbreitet Tageshöchsttemperaturen von mehr als 30 °C erreicht wurden. Am 30.6. wurde an der Station Bernburg/Saale mit 39,6 °C eine neue deutschlandweite Junihöchsttemperatur gemessen. Ein historischer Junihöchstwert für das Gebiet der Tschechischen Republik wurde mit 38,9 °C am 26.6. an der Station Doksany an der Ohře (Eger) registriert. In Deutschland war es der wärmste Juni seit 1881.
Im Juni, Juli und August lag der Niederschlag deutlich bis sehr stark unter dem langjährigen Durchschnitt. Die Bodenfeuchte hatte bereits Anfang Juli ein sehr niedriges Niveau. Anhaltende Trockenheit - besonders extrem in Brandenburg (Abb. 1) und eine Hitzewelle im letzten Monatsdrittel prägten den August. Im September war es im Elbegebiet - wie auch in den Folgemonaten des Jahres - weiterhin wärmer als im langjährigen Durchschnitt. Ende September auftretende Niederschläge und ein folgender nasser Oktober beendeten die Trockenperiode. [1][2][3][4][5]

Ablauf des Niedrigwassers

Durchflussverlauf Niedrigwasser 2019
Abb. 2: Durchflüsse (Tagesmittelwerte: 1.6. bis 31.10.2019) an ausgewählten Pegeln der Elbe und ihrer Nebenflüsse

Infolge der trocken-heißen Witterung im Juni 2019 verringerte sich die Wasserführung der Elbe und ihrer Zuflüsse bis Anfang Juli auf ein sehr niedriges Niveau (Abb. 2). Die außergewöhnlich geringe Wasserführung dauerte mit nur geringen Schwankungen bis Ende September an. Im Zeitraum Ende Juli bis Anfang September wurden an einzelnen Elbepegeln die niedrigsten Durchfluss-Tagesmittelwerte während der gesamten Abfolge trockener Jahre von 2014 bis 2020 erreicht: Pegel Magdeburg-Strombrücke am 31. Juli und 1. August 2019: 133 m³/s (Abb. 3) und Pegel Neu Darchau am 8. September 2019: 160 m³/s. Die Regenfälle Ende September und im Oktober führten wieder zu einem deutlichen Anstieg der Wasserführung. Insgesamt war das Wasserhaushaltsjahr 2019 (1. April 2019 bis 31. März 2020) im Elbegebiet extrem trocken, seit 1727 lieferten nur drei Wasserhaushaltsjahre ein geringeres Wasserdargebot. [5]

Schadensbilanz

Elbe bei Pegel_Magdeburg_1_Aug_2019
Abb. 3: Elbe beim Pegel Magdeburg-Strombrücke mit extremem Tiefstand am 1. August 2019 (© Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt, Foto: S. Wilhayn)

Das Niedrigwasser führte zu Einschränkungen bei der Schifffahrt auf der oberen und mittleren Elbe. Beispielsweise war der Schiffsverkehr auf der Elbe ab der Saalemündung bis zum Industriehafen Magdeburg im Jahr 2019 an 204 Tagen beeinträchtigt [11]. Bei Nutzern von Privatbrunnen traten aufgrund der Trockenheit teilweise Probleme der Wasserversorgung auf, im Elbegebiet insbesondere in Sachsen [12]. Im Juni 2019 ereigneten sich sehr große Waldbrände auf ehemaligen Truppenübungsplätzen in Brandenburg (Landkreis Teltow-Fläming) und Mecklenburg-Vorpommern (Landkreis Ludwigslust-Parchim) [6][9]. Durch mehrere Trockenjahre in Folge und einhergehenden stärkeren Schädlingsbefall nahm die Kronenverlichtung und insbesondere die Absterberate in den Waldbeständen weiter zu [8]. Bei Getreide (inklusive Mais), Winterraps und Kartoffeln fiel die Erntemenge im Jahr 2019 in Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen geringer aus als im Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2018 [7]. Auch der Grünlandertrag blieb aufgrund der Trockenheit unterdurchschnittlich [14]. Im heißen Sommer 2019 gab es zwar weniger hitzebedingte Sterbefälle als 2018, im langjährigen Vergleich aber immer noch eine hohe Anzahl [10][13].

Stoffliche Belastung

Nickelkonzentration Elbe 2019
Abb. 4: Nickelkonzentration der Elbe beim Niedrigwasser (NW) 2019 (15.7.-30.9.), NW 2018 (16.7.-10.12.) und im Referenzjahr 2012 (nach [16])

Auch beim Niedrigwasser 2019 fand das "Messprogramm für hydrologische Extremereignisse an der Elbe" Anwendung. Die Messergebnisse sind hier zu finden. Nachfolgende Ausführungen beziehen sich auf den Zeitraum 15. Juli bis 30. September 2019.
In der Elbe wurden nicht ganz so hohe Wassertemperaturen wie beim Niedrigwasser 2018 erreicht, zweitweise aber ebenfalls verbreitet Tagesmittelwerte der Wassertemperatur über 25 °C registriert. Der Sauerstoffhaushalt der Elbe blieb trotz der beträchtlichen Erwärmung stabil. Die Phytoplanktonentwicklung in der unteren Mittelelbe führte dort zu erhöhten Konzentrationen des organischen Kohlenstoffs (TOC) sowie zu pH-Werten bis über 9 im Tagesgang. Ein großer Teil der Nährstoffe Stickstoff und Phosphor war zu dieser Zeit in Biomasse inkorporiert. Infolge der geringen Wasserführung erreichte die Konzentration von Hauptionen (Calcium, Kalium, Natrium, Chlorid) in der Elbe stellenweise langjährige Spitzenwerte. Dementsprechend war auch die elektrische Leitfähigkeit erhöht. An mehreren Messstellen traten Nickel (Abb. 4) und Arsen in höherer Konzentration auf als maximal im hydrologischen Referenzjahr 2012. Andere Schwermetalle (Cadmium, Chrom, Kupfer, Quecksilber, Uran, Zink) wurden in der Elbe nur punktuell in erhöhter Konzentration analysiert. Unter den gemessenen Arzneistoffen erreichten Carbamazepin und Sulfamethoxazol wie beim Niedrigwasser 2018 erhöhte Konzentrationen. [15][16][17]

Quellen, Literatur, Berichte

Hydrometeorologie / Niedrigwasserablauf
Niedrigwasserschäden
Stoffliche Belastungen
Das Niedrigwasser im europäischen Kontext