Hochwasserereignisse im Rheingebiet: Das Winterhochwasser 1925/26

Hydrometeorologische Situation

Niederschlag 26.12.1925 - 01.01.1926
Abb. 1: Niederschlag [mm] im Rheingebiet vom 26.12.1925 - 01.01.1926 und Schneehöhen [cm] am 25. Dezember 1925 (Ausschnitt aus [4] )

In der letzten Novemberwoche 1925 gab es im westdeutschen Binnenland starke Schneefälle, die auch in den tieferen Lagen des Rheingebiets zu einer geschlossenen Schneedecke führten. Nach trocken-kalten Tagen setzte mit Beginn der zweiten Dezemberwoche Tauwetter ein, das bis Mitte Dezember anhielt. Während im Mittelgebirge leichter Regen und milde Temperaturen die Schneedecke stark verminderten und der Schnee unterhalb von ca. 500 m vollständig abschmolz, setzten in den Alpen erneute Schneefälle ein. Unter anschließendem Hochdruckeinfluss fiel im Gebiet südlich von Mosel und Lahn bei stark absinkenden Temperaturen wiederum Schnee. Im nördlichen Rheingebiet setzte ab dem 17. Dezember, im südlichen ab dem 19. Dezember wieder Tauwetter ein. Bei vornehmlich südlichen Winden stieg die Temperatur stark an. In Teilen des Rheingebiets, besonders im Quellgebiet der Mosel und im Südschwarzwald, ereigneten sich heftige Regenfälle, am 22. Dezember auch in den Alpen. Nach kurzzeitig wieder etwas sinkenden Temperaturen drangen ab dem 26. Dezember von Süden warm-feuchte Luftmassen ein, die auf die kalte Luft zwischen den Gebirgen des Rheingebiets aufglitten und im südlichen Teil des Einzugsgebiets teilweise extrem hohe Niederschläge verursachten. Einen Überblick über die Niederschlagsverteilung in der für das Hochwasser entscheidenden Niederschlagsperiode vom 26. Dezember 1925 bis 1. Januar 1926 und über die Ausgangsschneehöhe gibt Abb. 1. Am 28./29. Dezember führte ein von Spanien herangezogenes Hochdruckgebiet zur nördlichen Verlagerung der Tiefausläufer, wodurch die Niederschläge am Oberrhein nachließen. Gleichzeitig lösten von Großbritannien über die Nordsee heranziehende Tiefdruckgebiete starke Regenfälle im nördlichen Rheingebiet aus. Im Rheinischen Schiefergebirge trat die größte Niederschlagsintensität am 30./31. Dezember auf. Ein deutlicher Temperaturrückgang am 3. Januar 1926 brachte dann auch im Norden eine Wetterberuhigung. [1][2][4]

Ablauf des Hochwassers

Durchflussverlauf Hochwasser 1925/26
Abb. 2: Durchflüsse (Tagesmittelwerte: 01.12.1925 - 31.01.1926) an ausgewählten Pegeln im Rheingebiet
Relative Stärke des Hochwassers 1925/26
Abb. 3: Das Hochwasser 1925/26 im Verhältnis (Wasserstandshöhen) zu den bisher bekannten größten Hochwasserereignissen (Ausschnitt aus [3], Legende verschoben)

Das in der zweiten Dezemberwoche 1925 einsetzende Tauwetter brachte die ersten Anschwellungen im Rhein und seinen Nebenflüssen (vor allem Neckar und Mosel), die zur Monatsmitte ihr Maximum erreichten (Abb. 2). Die nachfolgende Frostperiode verminderte die Wasserführung, bevor das erneute Tauwetter ab Beginn des letzten Monatsdrittels wieder steigende Durchflüsse bewirkte. In dieser Zeit brachten Aare, Murg, Kinzig, Neckar, Lahn und insbesondere die Mosel dem Rhein relativ hohe Wassermassen, vor allem Mittel- und Niederrhein stiegen schnell an. Der anschließende kurze Kälteeinbruch ließ die Wasserstände etwa ab dem 23. Dezember wieder sinken, bevor der heftige Witterungsumschlag vom 26. Dezember zum herausragenden Hochwasserereignis führte. Das schnelle Ansteigen des Rheins begann am 27. Dezember. Am Oberrhein vereinigte sich am 30. Dezember der Hochwasserscheitel der Ill mit dem des Rheins. Die gemeinsame Flutwelle erreichte am 31. Dezember Maxau und am 1. Januar frühmorgens die Mündung des Neckars, der bereits am 30. Dezember seinen Höchststand hatte. Der Scheitel des Main-Hochwassers traf erst etwas später an der Mündung ein als der Flutscheitel des Hauptstroms. Am Pegel Mainz wurde am 2. Januar der höchste Wasserstand beobachtet. Am oberen Mittelrhein hatten zwischenzeitlich die Nahe (Scheitel am 31. Dezember) und die Lahn (Scheitel am 1. Januar gegen Mitternacht) das Hochwasser des Rheins bedeutend verstärkt. Der Scheitel der Mosel erreichte am 1. Januar frühmorgens den Rhein. Da die Mosel ebenso wie der Rhein ein historisch bedeutsames Hochwasser führte, wurden für unterhalb befindliche Rheinpegel (Andernach, Köln, Rees) die höchsten Durchflüsse registriert, die bisher bekannt sind.
Im Niederrheingebiet führten Wupper, Ruhr und Lippe sehr starkes Hochwasser. Während sich die Scheitel von Wupper und Ruhr bereits am 31. Dezember in den Hauptstrom ergossen, trafen die Hochfluten von Lippe und Rhein am 3. Januar fast aufeinander. Die außerordenliche Höhe des Rhein-Hochwassers 1925/26 unterhalb der Moselmündung im Vergleich zu früheren Ereignissen verdeutlicht Abb. 3. An mehreren Orten wurden Deiche überströmt. Deichbrüche traten oberhalb von Köln (bei Langel) sowie bei Neuss auf. Die Überschreitungsdauer des mittleren Hochwasserstands (Referenzeitraum 1896 bis 1920) währte am Rhein zwischen Mainz und Emmerich 8 bis 12,5 Tage. [1][4]

Schadensbilanz

Hochwasser Kaub 1925/26
Abb. 4: Rhein-Hochwasser 1925/26 in Kaub: Blick auf Blücher-Denkmal und Pfalzgrafenburg (Rheinmuseum Koblenz, Nr. RM5853)

Im südlichen Rheineinzugsgebiet einschließlich des Mains traten keine Schäden von großem Umfang auf. Unterhalb entfiel ein hoher Anteil des Gesamtschadens auf Gebäudeschäden. In der preußischen Rheinprovinz wurden über 28000 Häuser und 2500 Gewerbebetriebe überflutet, mehr als 13500 Wohnungen waren zu räumen. Zu den am stärksten geschädigten Städten gehörten Köln und Koblenz mit 72000 bzw. 14000 betroffenen Personen sowie Neuwied. Auch die landwirtschaftlichen Schäden waren beträchtlich, da 74000 ha Land unter Wasser standen. Ackerkulturen und Erntevorräte wurden vernichtet, Mutterboden abgeschwemmt sowie Kies- und Sand auf den Kulturflächen abgelagert. Der Schaden an wasserbaulichen Anlagen an Rhein, Mosel und Ruhr wurde auf 376000 Reichsmark beziffert. Die Schäden an den Verkehrsanlagen außerhalb der Flüsse waren angesichts der Größe des Hochwassers eher gering. Der Gesamtschaden wurde für das preußische Rheingebiet mit 100 Mio. Reichsmark angegeben. Nachrichten über Flutopfer wurden nicht gefunden. [3][4]

Stoffliche und hygienische Belastung

Es wurden keine Informationen gefunden. Hinweise sind willkommen.

Quellen, Literatur, Berichte

Literatur
  • [1] May, P. (1926): Auftreten und Verlauf des Rhein-Hochwassers 1925/26. - Gesundheitsingenieur 49 (18): 273-276, München
  • [2] Rheinstrombauverwaltung Koblenz (1927): Bericht der Rheinstrombauverwaltung Koblenz über das Neujahrshochwasser 1925/26 am Rhein. - 1-29, Anl., Koblenz
  • [3] Soldan, W. (1927): Die großen Schadenhochwässer der letzten Jahre und ihre Ursachen. - Zentralblatt der Bauverwaltung 47 (19/20): 217-219, 233-237, Berlin
  • [4] Soldan, W., Seifert & Friedrich (1929): Gutachten der Preußischen Landesanstalt für Gewässerkunde über die Ursachen und den Verlauf des Hochwassers im Rheingebiet im Dezember 1925 und Januar 1926 und über Maßnahmen zur Verhütung von Hochwasserschäden. - Jahrbuch für die Gewässerkunde Norddeutschlands. Besondere Mitteilungen 5 (2). E.S. Mittler u. Sohn: 9-58, 18 Anl., Berlin
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